BUSSGELDKANZLEI.EU
Spezialkanzlei für Bußgeld- und
Ordnungswidrigkeitenrecht
Autobahn ohne Tempolimit
Kann man tatsächlich so schnell fahren, wie man möchte?
Radim Passer, ein Multimillionär aus Tschechien, wollte es wissen. In den
frühen Morgenstunden war die A2 kaum befahren. Auf der 10 Kilometer langen
dreispurigen Autobahnstrecke ohne Geschwindigkeitsbegrenzung ging es
praktisch immer nur geradeaus. Ideale Voraussetzungen, um seinen
Supersportwagen zu testen. Es konnte losgehen. Sein Fuß presste bis zum
Anschlag gegen das Gaspedal. Andere Verkehrsteilnehmer flitzten wie
parkende Autos an ihm vorbei. Gespannt starrte er auf den Tachometer.
Seine Frage: Welche Geschwindigkeit schafft mein Bugatti Chiron. Die
Antwort: 417 km/h. Dies ist eine Geschwindigkeit, wie man sie
eigentlich von Flugzeugen kennt. Der ICE erreicht im planmäßigen Betrieb
gerade mal eine Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h und die neuste
Baureihe nur noch 265 km/h.
Hier das
Video dazu.
Radim Passer testete auch den Porsche 911 Turbo, Lamborghini Aventador und
den Bentley Flying Spur, doch keiner schaffte die hohe Geschwindigkeit des
Bugattis. Der Porsche erreichte 333 km/h, der Lamborghini
356 km/h und der Bentley 325 km/h.
Nachdem Radim Passer ein Video von seinem Geschwindigkeitstest mit dem
Bugatti Chiron online stellte, fragten sich viele: Darf er überhaupt so
schnell fahren? Ist das nicht eine rücksichtslose Raserei? War seine
Geschwindigkeit den Straßenverhältnissen angepasst? Handelte er
fahrlässig? War das grob verkehrswidrig? Stellte diese
Hochgeschwindigkeitsfahrt nicht eine Gefahr für andere dar?
Die Handlungen von Radim Passer rief die Staatsanwaltschaft auf den Plan.
Sie ermittelte wegen eines illegalen Straßenrennens nach § 315d StGB
(Verbotene Kraftfahrzeugrennen).
Ein Kraftfahrzeugrennen muss nicht unbedingt mit einer anderen Person
stattfinden, sondern kann auch ein Rennen mit sich selbst sein
(Alleinrennen).
Nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 macht sich strafbar, wer sich als
Kraftfahrzeugführer im Straßenverkehr mit nicht angepasster
Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um
eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.
Die Staatsanwaltschaft hat letztendlich die Ermittlungen gegen Radim
Passer fallen gelassen. Anscheinend war mindestens einer der Umstände
nicht gegeben (nicht angepasste Geschwindigkeit, grob verkehrswidrig,
rücksichtslos). Oder der Autoenthusiast hat genügend Vorsichtsmaßnahmen
getroffen, sodass niemand ernsthaft gefährdet wurde. Für eine
Anklageerhebung gab es keinen ausreichenden Tatverdacht.
Anders sähe es sicherlich aus, wenn die Witterungsverhältnisse,
Straßenbeschaffenheit oder Verkehrslage eine andere gewesen wäre.
Bei einem Unfall mit einer derartigen Geschwindigkeit würde Radim Passer
mindestens eine Mitschuld treffen, selbst dann, wenn ihm jemand die
Vorfahrt genommen hätte. Die Frage könnte in diesem Fall lauten: Wäre der
Unfall auch bei einer Richtgeschwindigkeit von 130 km/h geschehen?
Sehr schnelles Fahren auf der Autobahn, selbst wenn es kein Tempolimit
gibt, ist nicht immer ratsam.
Generell gilt aber: Ja, man darf auf Autobahnen ohne
Geschwindigkeitsbegrenzungen so schnell fahren, wie man will, falls die
Rahmenbedingungen stimmen.
Deutschland ist übrigens das einzige Land der Welt, wo das möglich ist.
Das ist ein Stückchen Freiheit, um die uns andere Länder beneiden.